Pilates auf der Nordseeinsel Juist

Auf der Nordseeinsel Juist kann man wunderbar zu Ruhe kommen. Das steht fest. Aber wie wäre es, den Strandurlaub mit Yoga und Pilates zu kombinieren? So kannst du alleinsein, wenn du möchtest und die Insel erkunden. Und triffst dich jeden Tag mit anderen Kursteilnehmern zum Training. Lest hier über meine Erfahrungen mit dem Juistretreat und kommt im Juni 2020 unbedingt mit auf die Insel! Alle Infos findet ihr am Ende des Artikels.

Stell dir vor: Du hast Urlaub und Yoga und Pilates und Strand – alles in einem! Klingt fantastisch, dachte ich als ich zum ersten Mal vom Juistretreat von MeinPilates Aachen gehört habe. Das Konzept funktioniert so: Du kümmerst dich selbst um die Anreise und die Unterkunft auf der Insel. Und vor Ort bekommst du jeden Tag Pilates und Yoga-Unterricht beim Juist-Retreat an der Nordsee

In den Osterferien 2018 reise ich Ende April zum zweiten Mal auf die Insel.

Nordsee Indel Juist
Juister Strand

Die Anreise und die Gruppe

Schon auf dem Schiff nach Juist steigt die Vorfreude. Die Sonne lacht, das Boot wiegt sich langsam in Richtung Insel und das Wasser glitzert. Auf einmal stehen fünf Mädels neben mir am Tisch und fragen, ob sie sich dazusetzen dürfen. Na klar – das dürfen sie! Das Boot ist sehr voll – es sind Osterferien. Wir wechseln drei Worte und stellen kurz darauf fest, dass wir alle am Juistretreat teilnehmen. Was für ein Zufall! Die restliche Fahrt unterhalten wir uns über das was da wohl auf uns zukommt. Zwei der Frauen sind schon zum zweiten Mal dabei und haben diesmal noch mehr Freundinnen eingepackt – weil es ihnen beim letzten Mal so gut gefallen hat. Das spricht für den Retreat, denke ich bei mir.

Auf der Insel angekommen, bezahle ich sofort meinen Gästebeitrag. Das könnte ich zwar auch noch später im Rathaus oder im Schwimmbad machen, aber ich wollte es gern aus dem Kopf haben.

Juist Kutsche
Auf Juist gibt es keine Autos…

Ein paar Pferdekutschen sammeln Gäste ein, um sie zu ihren Unterkünften zu bringen. Denn auf Juist gibt es keine Autos. Der Geruch nach Salz, Meer und Sonne mischt sich mit den Pferdeäpfeln auf der Straße. Und das Hufgeklapper der Pferde sagt mir: Das ist Juist! Der Urlaub hat begonnen.

Strand Nordsee Juist
Meerige Aussichten auf Juist

Die Kurse: Yoga und Pilates

Auf unserem Stundenplan stehen Yoga und Pilates. Wir treffen uns im wunderschönen Yoga-Raum Juist, denn hier werden die Stunden stattfinden.

Yogalehrerin ist Amelie Vesper. Mit ihr startet auch der erste Kurs in unserem Retreat. Mit einer unglaublich angenehmen Stimme leitet uns Amelie durch den Kurs. Jeden Tag gibt sie der Stunde einen anderen Fokus. Mein Highlight ist der Tag, an dem es um Dankbarkeit geht.

Im Hintergrund läuft entspannende Musik. Wir machen viele Bewegungen, um das Herz zu öffnen. Und drehen unsere Brust in Richtung Himmel.

Der wunderschöne Raum für Pilates und Yoga beim Juist-Retreat an der Nordsee

Komplett im Hier und Jetzt sein

Ich bin komplett im Hier und Jetzt und genieße jede Sekunde. Wie sehr hatte ich dieses Gefühl vermisst! Die Bewegungen fließen, der Körper entspannt sich und kommt immer mehr auf der Insel an. Ehe mich mich versehe, liege ich in der Schlussentspannung und bin voller Dankbarkeit: Für den Moment, den Urlaub auf der Insel und die Vielfalt in meinem Leben.

Die meisten Teilnehmerinnen sind mit einer der beiden Disziplinen – Yoga oder Pilates – vertrauter als mit der anderen. Und sie sind überrascht wieviel Spaß ihnen die unbekannte Disziplin macht. Am Ende der Yoga-Einheiten sagen viele der Teilnehmerinnen zu Amelie, dass sie in Zukunft öfter bei ihr Yoga machen wollen. Und, dass ihr Bild von Yoga komplett verändert haben. Was für ein Kompliment! Und ich bin der gleichen Meinung: Ich bin schon lange Yoga-Fan und habe mich bei Amelie auch komplett wohlgefühlt.

Pilates und Yoga beim Juist-Retreat an der Nordsee

In diesem Jahr ist Jeannine Buchmann unsere Pilates-Trainerin. Denn Carolin Meisel, die den Juistretreat organisiert, ist im neunten Monat schwanger. Und kann daher diesmal leider nicht dabei sein. Dafür ist die Insel einfach zu weit vom Festland entfernt. Wir vermissen Caro und sind gleichzeitig froh, dass sie sich um sich selber und das kleine Wesen in ihrem Bauch kümmert.

Und mit Jeannine hat sie für eine wundervolle Vertretung gesorgt. Sie empfängt uns mit einem herzlichen Strahlen im Gesicht und gibt uns sofort das Gefühl, gut aufgehoben zu sein. Das sind wir definitiv: Jeannine unterrichtet seit vielen Jahren Pilates und war die erste Trainerin, die bei Carolin im Studio gearbeitet hat. Und die beiden haben die gleiche Ausbildung genossen.

Jeannine leitet ihre Pilates-Stunden locker, kreativ und fröhlich. Und gibt uns zwischendurch immer wertvolle Tipps. Sie erklärt zum Beispiel die Hintergründe zu unseren Übungen, damit jeder weiß was er gerade tut. Und was es ihm für den Alltag im Büro bringt.

Juist Strand
Erst Yoga und Pilates – danach unendliche Strandspaziergänge
Sonnenuntergang Strand Juist
Der Strand ist auch abends eine Wucht!

Jeden Tag steigern sich die Teilnehmer

Teilnehmerin Ines sagt hinterher begeistert, dass sie durch die vielen Erklärungen und Schritt-für-Schritt-Anleitungen von Jeannine vieles im Pilates nun endlich richtig verstanden hat. Und Jeannine selbst erzählt am Ende des Retreats strahlend, dass sie es total genossen hat, die Verbesserungen bei den Teilnehmerinnen zu sehen. Das lag vor allem daran, dass die Gruppe konstant dieselbe war und sich alle miteinander steigern und das Wissen vertiefen konnten.

Am Ende wollen alle Teilnehmerinnen so schnell wie möglich wieder eine Pilates-Session mit Jeannine – trotz Muskelkater. Ich auch.

Strandkorb Juist
Juister Strand im Frühling

Juist erleben

Morgens und abends finden die Yoga- und Pilateskurse statt. Dazwischen ist viel Zeit, um die Insel zu erkunden. Und wer möchte kann viel Zeit mit sich selbst verbringen. Ich möchte – deshalb bin ich hier. Das Schöne an der Kombination mit den Kursen ist aber, dass man nicht alleine sein muss. Es gibt immer Anschluss und offene Menschen, die sich freuen mit dir ins Café zu gehen. Oder am Meer zu spazieren.

Du hast die Wahl – und das ist der Luxus! Jeden Tag kannst du in dich hinein fühlen wonach dir heute ist: Wanderung, Spaziergang, shoppen, schwimmen, oder warme Waffel im Café?

Juister Strand Nordsee Strandkorb
An diesem Strand ist immer genügend Platz!

Schwimmbad, Strand oder Waffel?

Egal ob Schwimmbad oder Strand: Es zieht mich nach dem Unterricht meistens ans Wasser. Ich spaziere stundenlang alleine am Strand entlang und bin froh, dass meine gelbe Regenjacke auch den kühlen Wind abhält. Bei besonders viel Wind fliegen Kite-Surfer über das Wasser und springen über die Wellen. Und ich bewundere sie bis mein Gesicht anfängt zu frieren und ich weitergehen möchte.

Aufwärmen bei Waffeln

Der Spaziergang bis Loog dauert am Strand entlang eine gute halbe Stunde, wenn man sich nicht beeilen möchte. Dort angekommen treffe ich mich mit Jeannine. Wir trinken Tee, beobachten den Regen und sinnieren über das Leben. Und ein paar Stunden später gönnen wir uns eine leckere Waffel mit Vanilleeis und heißen Kirschen. Urlaubsfeeling pur. Bevor wir zu tief in die Stühle sinken, machen wir uns gemeinsam auf den Rückweg. Es hat aufgehört zu regnen und die Sonne klettert hinter den Wolken hervor. Sogar die Möwen freuen sich über diesen Anblick und fliegen aufgeregt über den Strand.

Juist Waffeln Restaurant
Loogster Stuv

Am Nachmittag gönne ich mir einen Mittagsschlaf. Weil ich es kann. Die Zeit erlaubt mir nach den Sinnen zu leben. Der absolute Luxus wie ich finde. Und danach lese ich in einem Roman und tauche ab in fremde Welten. Ich liebe Bücher und doch nehme ich mir im Alltag viel zu selten Zeit dafür, ein ganzes Buch zu lesen. Im Urlaub lese ich dafür jede Sekunde: Am Bett, an eine Düne gekuschelt am Strand oder im Café. Zeit zum Träumen! Zeit zu sein.

Unterkünfte auf Juist

Diesmal wohne ich im Haus Wolf. Das ist eine kleine Pension mit mehreren Zimmern, einer Gemeinschaftsküche und einem Essensraum. Mein Doppelzimmer befindet sich im zweiten Stock. Gleich gegenüber ist eine Dusche und daneben eine Toilette. Das Zimmer ist geräumig und das Bett unfassbar gemütlich. Ein Ort zum Wohlfühlen. Ich habe mich für diese Unterkunft entschieden, weil die Restaurants auf Juist teuer sind (Inselpreise). Und ich nicht jeden Tag auswärts essen möchte. Und ich bin froh über die Wahl. Ich decke mich einmal im Supermarkt ein und kaufe Pasta, Brot, Käse und Müsli. Und davon lebe ich sechs Tage lang. Stundenlang sitze ich im Essensraum, genieße jeden Bissen und lese in meinem Buch. Und am Ende fühle ich mich hier richtig zu Hause.

Nur am letzten Abend gehe ich mit Pilates-Trainerin Jeannine im Piratennest essen. Es gibt hauchdünne, leckere Pizza mit Tomaten und Rucola. Saulecker! Und danach treffen wir uns mit den anderen Kursteilnehmerinnen in einer Bar – im Köbes. Und feiern unseren Abschied. Dieser Köbes ist ein ulkiger Laden. Am Wochenende tanzen hier die Kurgäste auf der Theke. Und auf Wunsch wird hier der Song „Er hat mich geliebt“ von Bettina Storm gespielt und laut aufgedreht. Und zum Refrain werden die Lampen über der Theke geschaukelt. Ein unvergesslicher Moment!

Juist Nordsee Haus
So viele süße Häuschen, in denen wir wohnen können!

Für wen lohnt sich der Juist-Retreat?

Wer schon immer mal seinen Urlaub mit ein bisschen Yoga oder Pilates verbinden wollte, der sollte unbedingt mitkommen. Die Kombination aus dem entspannten Leben auf der Insel und dem Stundenplan mit den Yoga- und Pilates-Stunden ist perfekt für alle, die sich gerne auch im Urlaub etwas bewegen. Und dennoch zwischendurch genug Zeit haben wollen, um zu entspannen und die Insel kennenzulernen. Denn die Unterrichtsstunden sind so gelegt, dass tagsüber genug Zeit ist – auch für längere Ausflüge.

Einige Teilnehmer hatten am Anfang Angst, dass es zu anstrengend werden könnte: So viel Pilates und Yoga jeden Tag. Juliane hat am Ende der Reise gesagt, dass sie überrascht war und es wirklich gut machbar fand. Viel eher – so meinte Ines – könne man sich gar nicht vorstellen in den Alltag zurückzukehren. Und dem Körper NICHT mehr jeden Tag seine Einheit Yoga und Pilates zu gönnen. Das macht süchtig. Und wir waren alle keine Vollprofis.

Alle Teilnehmer haben die viele Bewegung genossen.

Auf Juist ticken die Uhren anders – das habe ich vorher öfter gehört und es stimmt total. Der Körper stellt sich nach kurzer Zeit um auf Ruhe, kein Lärm und frische Meerluft. Und fährt herunter. Das ist ein unglaublich entspannendes Gefühl. Lass dich auf die Insel ein, lass dich treiben und du kannst hier eine unglaubliche Zeit erleben.

Bei der Abreise tönt – wie jedes Mal – James Last aus den Boxen des Schiffes. Und ich bekomme wieder diese Gänsehaut. Wie wird es wohl sein zurück an Land? Und wann werde ich wieder so viel Zeit für mich haben? Während das Schiff ablegt, hoffe ich, dass ich in Zukunft nochmal bei einem Retreat von MeinPilates dabei sein kann.

Nordseeinsel Wellness Yoga Pilates
Strandkorb-Party am Juister Strand

Tipp & Facts: Juist-Retreat im Juni 2020

Der nächste Juist-Retreat von MeinPilates findet vom 07. bis zum 13. Juni 2020 statt! Alle Infos findet ihr hier.

Meldet euch jetzt an und schreibt Carolin über MeinPilates eine E-mail! Viele Plätze sind schon jetzt vergeben. Lasst euch diese Chance nicht entgehen! Bei großer Nachfrage könnte es auch im Herbst 2020 noch einen weiteren Retreat geben.

Das ist eure Möglichkeit eine Auszeit am Meer mit einem Yoga und Pilates-Urlaub zu verbinden. Ein Jahr Vorfreude auf Juni 2020. Wer kommt mit?

Vielen Dank an MeinPilates für die Einladung zum Juist-Retreat 2019.

Nordsee Wellness Juist Sonnenuntergang
Juister Abendsonne

Nordseeinsel Juist: Das perfekte Reiseziel, um Alleinsein zu üben

Spontan bin ich im Herbst 2018 an die Nordsee gefahren: Mit dem Zug und der Fähre. Und ich habe festgestellt: Ich hatte jahrelang viel zu viele Vorurteile, die mich um die halbe Welt getrieben haben. Dabei ist es auch an der deutschen Küste wunderschön. Juist ist der perfekte Ort für Menschen, die alleine reisen wollen – sich bisher aber nicht getraut haben. Das perfekte Reiseziel für den Test: Ist alleine reisen etwas für dich?

Warum immer weit weg, wenn es auch in Deutschland schöne Reiseziele gibt? Das haben mich jahrelang Menschen in meinem Umfeld gefragt. Und ich muss zugeben: Ich hatte keine gute Antwort darauf. Die Nordsee lag irgendwie einfach außerhalb meines Planungsgebiets. Und ich hatte viele Vorurteile: „Nordsee gleich spießig… langweilig… zu wenige Berge… zu deutsch…“

Aber es reicht mir auf Dauer nicht, mich auf den Vorurteilen auszuruhen. Urteile über nichts, das du nicht kennst! – Das ist eins meiner Mottos. Und nachdem mir immer mehr Menschen von der Zauberinsel Juist vorgeschwärmt haben, habe ich relativ spontan ein Zugticket nach Norddeich Mole gebucht. – Für Oktober 2018. Wer einmal allein verreist ist, läuft Gefahr, daran Freude zu entwickeln. Es macht süchtig.

Die Anreise mit Zug und Fähre

Im neuen Doppelstock-InterCity sitze ich oben. Wir lassen das Ruhrgebiet hinter uns und die Landschaft wird immer flacher. Überall Ortsnamen, von denen ich noch nie gehört habe. Leer. Norden. Schlechtes Gewissen macht sich breit, weil ich wirklich viele Teile Deutschlands noch gar nicht kenne. Aber dann schiebe ich das Gefühl beiseite, denn ich tue ja gerade etwas dagegen und besuche einen neuen Ort. Genauer gesagt zwei, denn ich übernachte einmal in Norddeich, um am nächsten Vormittag die Fähre zu nehmen.

Schon die Buchung der Pension in Norddeich war ein Abenteuer! Kurz vor der Anreise hatte mich aufgebracht eine Frau angerufen, ob ich denn tatsächlich an ihrem Ruhetag am späten Nachmittag anreisen wolle? Eigentlich sei die Anreise am Montag nur bis 10 Uhr morgens möglich. Soweit – so unpraktisch, denke ich bei mir und stelle fest: Das ist mir tatsächlich noch nirgendwo auf der Welt passiert. Aber Freundlichkeit siegt auch hier. Und ich werde in die Pension gelassen.

Die Fähre am nächsten Vormittag ist rappelvoll. Irgendwo sind immer Ferien. Bei den Gepäckwagen gebe ich meinen kleinen Trolli ab, denn das ist so gedacht: Alle Koffer werden sicher verstaut und man bekommt ihn erst auf der Insel wieder. Merke dir den Wagen, denn sie sehen alle gleich aus. Und beim Ausladen hilft dir niemand.

Ich setze mich an Deck in die strahlende Sonne und schaue zu, wie wir im Schneckentempo in Richtung Insel schippern. Das mag ich. Das ist gemütlich und entspannt: Und sofort macht sich Urlaubsfeeling bei mir breit.

Urlaubsfeeling an Bord

Das Salz in der Luft. Der Wind. Das Meer. Die Möwen. Wenige Wolken. Nur der Fakt, dass alle um mich herum deutsch sprechen, verwirrt mich.

Nach 90 Minuten gehen wir pünktlich von Bord. Im Fährhaus zahle ich sofort meinen Tourismusbeitrag für den Aufenthalt. Praktisch, denn so kann ich ins Schwimmbad gehen, das im Beitrag enthalten ist. Und bei der Abreise muss ich mich darum nicht mehr kümmern. Gut, dass eine Freundin mich vorher mit diesen Tipps versorgt hat. Sonst hätte ich sicher einige Fehler gemacht bei der Anreise. Ganz schön viele Regeln für so eine kleine Insel.

Juist Nordsee Sonnenuntergang

Juist Dorf sonnenuntergang

Meine Unterkunft

Mit meinem Trolli im Gepäck laufe ich über die Insel. Die Räder von meinem kleinen Koffer kommen mir heute unglaublich laut vor. Vielleicht liegt das daran, dass es ansonsten hier so ruhig ist. Keine Autos weit und breit. Nichts als Wind und Pferdegeklapper. Juist ist autofrei und auch die Taxen hier sind Pferdekutschen. Viele Menschen sausen mit ihren Fahrrädern durch die Gegend. Es riecht nach Salz und Pferdeäpfeln.

Nach fünf Minuten Fußweg komme ich am Ziel an: Am Nordseehotel Freese. Schon in der Eingangshalle mache ich eine kleine Zeitreise: Der Boden besteht aus wunderschönen Kacheln aus einer anderen Zeit. Rechts stehen Sessel mit buntem Blumenmuster bedruckt. Und von den Stühlen im Restaurant springt mich ein 90er Jahre Stoff an. Hier haben sich gleich mehrere Jahrzehnte verewigt.

Mein Einzelzimmer befindet sich im ersten Stock – und ist klein, aber klein. Und fein auch. Ich mag es – auch wenn ich nichts gegen mehr Platz gehabt hätte. Aber Juist ist teuer. Und schon der Preis von diesem Zimmer hat mich bei der Buchung schlucken lassen. Der erste Test des Betts überzeugt aber sofort: Es ist unglaublich gemütlich, obwohl es kein bisschen danach aussieht.

Nordseehotel Freese Pool JuistNachdem ich mich eingerichtet habe, werfe ich mir Bikini und Bademantel über und gehe in den Pool.

Niemand da. Außer mir.

Ich genieße das Wasser und fühle mich schwerelos. Mit jedem Zug, den ich schwimme lasse ich ein bisschen Alltag hinter mir. Perfekt.

 

Alleine frühstücken im Hotel

Nachts schlafe ich so tief, wie seit Jahren nicht mehr. Liegt es an der Ruhe auf der Insel? Oder am Bett? Oder an meiner aufgestauten Müdigkeit? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich seit Wochen nicht so gut geschlafen habe. Und mich überkommt das Gefühl, dass die Insel etwas damit zu tun hat.

Mit meinem Buch bewaffnet, gehe ich zum Frühstücksbuffet. Und bin erstmal aufgeschmissen, weil ich keine Ahnung habe wo ich sitze. Ein junger Mitarbeiter, der höchstens 20 ist, bringt mich zu meinem Platz. Und liest mir jeden (Kaffee-)wunsch von den Augen ab.

Nordseehotel Freese Frühstück

„Latte Macchiato?“ „Noch einen Kaffee?“ „Noch einen Wunsch?“

Für die nächsten drei Tage wird er mein bester Bekannter im Hotel. Ich bin eindeutig die jüngste Alleinreisende hier und das scheint ihn zu erfreuen. Ob er denn aus Juist sei, frage ich ihn. „Gott bewahre“, antwortet er. Er sei ja wohl aus Bremen. Und keiner, ob er ewig auf Juist bleibe.

Ich verstehe: Er findet es auf der Insel zu ruhig, um auf die Dauer zu bleiben. Das Gefühl kenne ich von früher. Und zack – fühle ich mich für eine Sekunde alt. Dann muss ich grinsen.

Ich probiere mich quer durch das leckere Buffet und genieße die Zeit. In Ruhe Frühstücken – das ist für mich ganz besonderer Luxus. Und das macht auch alleine Spaß. Nach dem dritten Kaffee, Rührei, Brötchen, Bacon, Obstsalat, Quark und 50 Seiten in meinem Buch, rolle ich zurück in mein Zimmer und überlege was als Nächstes ansteht.

Eins nach dem anderen. Wenn du alleine unterwegs bist, musst du nicht auf die Bedürfnisse anderer achten. Nur auf deine eigenen.

Juist Strand Nordsee

Die Insel Juist

Das Dorf auf Juist ist klein und gemütlich. Hier kann man sich sofort gut zurechtfinden und wohlfühlen. Auf der einen Seite der Strand. Auf der anderen der Hafen und die Wiesen. Dazwischen lauter Hotels, Ferienwohnungen, Radvermietungen, Geschäfte, Restaurants und ein Yoga-Studio: Also wirklich alles was das Herz begehrt. Und solange man in der Nähe des Ortes bleibt: Keine weiten Wege.

Überall strahlende Gesichter und Menschen, die dich grüßen. – Obwohl sie sich noch nie gesehen haben. Das scheint man hier so zu machen und es ist wirklich angenehm: Familiär! Auch im dunklen fühle ich mich immer sicher hier im Dorf.

Strandkorb Juist Nordsee

Der Juister Strand

Am zweiten Tag gehe ich bei strahlendem Sonnenschein und 18 Grad mittags an den Strand. Eigentlich will ich das Abenteuer Strandkorb ausprobieren. Es ist mir schleierhaft, warum Menschen sich in einen Strandkorb setzen.

Vielleicht liegt das daran, dass wir immer Campingurlaub gemacht haben. Allerdings ultra-basic. Ohne Campingstühle oder Tisch. Man hat grundsätzlich auf dem Boden gesessen – oder am Strand gelegen. Das war immer so.

Am Strand liege ich gerne herum – in einem Strandkorb kann man ja nur sitzen. Warum tut man das?

Mein kühnes Vorhaben, das herausfinden zu wollen, wird enttäuscht: Ich frage in einem kleinen Wohnwagen nach einem Strandkorb und der Mann brummelt mir entgegen: Alle vermietet.

Kein Strandkorb für mich.

Es war einen Versuch wert!

Am Fuß einer Düne lege ich mich auf mein Strandtuch und komme an: An den vielen meiner Lieblingsorte – den Stränden dieser Welt. Da fühle mich sofort zu Hause. Der Blick schweift in die Ferne. Auf das Meer. Das bricht Barrieren auf. Alle Zweifel, alles „was wenn“ vergeht mir, wenn ich am Meer bin. Es fühlt sich nach unendlichen Möglichkeiten an. Und nach neuen Wegen. Die Ideen kommen wie von allein angetanzt, während die Möwen nach essbarem suchen und die Wellen unaufhörlich am Strand brechen. Alles fügt sich perfekt zusammen.

Erst als die Sonne auf meinen Kopf brennt, als wäre es Juli, stehe ich auf und gehe zurück in den Ort.

Meer Juist Strand Strankorb

Waffeln und Nostalgie

Im Lütjes Teehuus esse ich eine Waffel mit Kirschen, Eis und Sahne und trinke dazu einen Milchkaffee. Hier ist es gemütlich und lecker. Und gleichzeitig sehr voll. Der Ruf eilt dem Ort voraus. Die meisten der Gäste sehen aus, als würden sie seit ihrer Kindheit herkommen und Waffeln verputzen. Inzwischen gibt es für diese Leute dazu den Kaffee mit Baileys.

Juist Teehaus Ostfriesentee

Yoga auf Juist

Meinen Plan ein paar ruhige Tage auf Juist zu verbringen, möchte ich gerne mit einer Yoga-Stunde krönen. An der Tür zum Yoga-Raum-Juist steht ganz entspannt: Einfach 10 Minuten vor Beginn der Stunde vorbeikommen – und mitmachen. Das gefällt mir und meiner Spontanität in diesen Tagen auf der Insel.

Kurz vor 17 Uhr gehe ich hinein und nehme an einer Stunde mit Dorothee teil. Insgesamt sind wir drei Teilnehmer. 90 Minuten lang dehnen wir uns, kommen zur Ruhe und sind ganz bei uns. Der Tag könnte schöner nicht enden, denke ich, als ich mit Ruhe im Herzen das Studio verlasse und mich des Lebens freue. Darum geht es hier: Entschleunigung. Zeit mit mir. Und sonst nichts. Jedenfalls für mich. Wie schön, denke ich, dass ich schon im Frühling zurückkomme, um hier Yoga und Pilates zu machen.

Wanderung zur Domäne Bill

Das wunderschöne sonnige Wetter bleibt mir erhalten. Und ich fühle mich verpflichtet, noch ein wenig mehr der Insel kennenzulernen. Ein Tipp, den ich von mehreren Seiten bekommen habe, war ein Besuch in der Domäne Bill. Dahin sind es vom Dorf aus allerdings einige Kilometer. Das bedeutet: Wandern. Und – es ist kein Geheimnis: Wandern ist nicht mein Ding. Aber die Neugierde siegt, ich ziehe meine alten Turnschuhe an und laufe los: An der Landseite entlang, immer weiter bis Loog. Und danach an der rechten Seite des Hammersees entlang.

Ab hier tun mir die Füße weh und ich verfluche meine Neugierde. Rechts und links Büsche und Gestrüpp. Und ein Weg, der nicht enden will. Und ich fühle mich für einen kurzen Moment einsam. Alle Bänke, an denen ich vorbeikomme, sind von Pärchen belegt. Also weiterlaufen. You can do it. Als ich schon gar nicht mehr damit rechne, erblicke ich ein Haus – davor viele Fahrräder und ein Pferdetaxi.

 Domäne Bill! Es gibt dich wirklich!

Ich setze mich dankbar ins Restaurant und verputze den Klassiker, den hier alle bestellen: Den hausgemachten Stuten mit Marmelade und ganz viel Butter. Und er schmeckt wirklich vorzüglich! Dabei mag ich eigentlich gar keinen Stuten. Keine Ahnung, ob das an meiner Müdigkeit liegt oder an diesem Rezept. Es ist, als hätte ich nie was besseres gegessen.

Strand Juist Sonnenuntrgang Oktober

Nach einer Stunde mache ich mich auf den Rückweg. Diesmal geht es am Strand entlang. Und es ist wie immer: Kaum sehe ich das Meer, ist die Müdigkeit wie vergessen. Und ich genieße jede Sekunde der Wanderung. Der Strand auf Juist wirkt unendlich. Ich habe viel Platz für mich alleine. Nur von weitem sehe ich hier und da einen Menschen. Welch ein Luxus!

Das Licht wird wärmer, der Tag neigt sich dem Ende zu. Die Sonne spiegelt sich auf dem Meer und dem Wasser, das sich noch vor dem Meer sammelt. Ich quietsche vor Freude bei dem Anblick und kann mein Glück nicht fassen. Wie kann ein Strand nur so schön sein? Und wie kann es sein, dass die Sonne jeden Tag mit so einem Spektakel untergeht – an so vielen Orten auf der Welt? Es prickelt und sprudelt vor Freude in mir. Gänsehaut macht sich im Herzen breit. Und ich versuche möglichst viel von dem Gefühl einzuspeichern – für schlechte Tage.

Denn dieses Gefühl bekomme ich tatsächlich nur am Meer. Und es ist unbezahlbar.

Juist Strand

Die Abreise und Melancholie

Nach drei Tagen stehe ich wieder am Hafen und laufe auf die Fähre. Mit einer alten Frau teile ich mir einen Tisch unter Deck. Eine der vielen allein Reisenden auf Juist, wie ich. Der Kapitän begrüßt uns und wirft den CD-Player an. Und auf einmal scheppert James Last aus den Boxen. Die Töne legen sich um mich wie ein Mantel aus Melodie. Kuschelig und warm. Und gleichzeitig voller Abschiedsschmerz und Freude über das Erlebte. Wie eine Welle ergreift mich die Melancholie.

Ich schaue mich um und merke, dass es mir geht wie den meisten hier. Ich bin eine von ihnen geworden. Der Juister Zauber hat mich bekommen und komplett eingenommen. Mit all seiner schönen Spießigkeit. Ich klappe mein Buch auf und freue mich schon auf den nächsten Besuch im Frühling. Wie die alte Dame gegenüber auch.

Sonnenuntergang Sunset Juist Germany

Tipp für eure Reise nach Juist: Pilatesurlaub

Im Frühling habt ihr die Chance Juist kennenzulernen und die Reise mit einem Pilatesurlaub zu verbinden. Carolin veranstaltet dazu zwei Retreats! Auch ich werde bei einem der beiden dabei sein. Plätze frei sind allerdings nur noch im ersten Retreat: Und zwar vom 20. bis zum 24. April 2019. Meldet euch schnell an. Weitere Infos findet ihr hier.

Das ist eure Möglichkeit eine Auszeit am Meer mit einem Wellness-Pilates-Urlaub zu verbinden. Insgesamt nehmt ihr an acht Kursen Teil: Yoga und Pilates. Ihr habt Anschluss an andere Teilnehmer des Pilatesurlaubs und könnt trotzdem den restlichen Tag, wenn gerade keine Kurse stattfinden, alleine genießen und Abstand vom Alltag bekommen. Ich freue mich schon total darauf! Wer kommt mit? Essen und Unterkünfte organisiert jeder für sich selbst.  Für die tägliche Portion Yoga und Pilates mit netten Menschen ist gesorgt.

Unterkünfte und Essen auf Juist

Unterkünfte auf Juist gibt es viele, aber günstig sind sie alle nicht. Es kommt vor allem darauf an was ihr sucht: Wollt ihr selber kochen und dadurch sparen? Dann lohnt sich in jedem Fall eine Ferienwohnung. Falls ihr lieber faul sein möchtet, kann ich euch Pensionen mit Frühstück – oder auch mein Hotel ans Herz legen. Ich habe mich im Nordseehotel Freese sehr wohlgefühlt, auch wenn ich die jüngste Alleinreisende dort war.

Das Personal war sehr nett, locker und hilfsbereit. Der Pool ist klasse, es gibt sogar eine Sauna und wer will kann sich Wellness-Pakete buchen. Ich hatte dort eine unvergessliche Zeit – auch wenn mein Zimmer sehr klein war.

Juist ist eine Insel – das Essen, das dorthin gebracht wird, legt einen weiten Weg zurück – unter anderem mit der Fähre. Das sollte man sich immer bewusst machen, wenn man einen Blick auf die Speisekarten wirft. Die Restaurants sind teurer als am Festland und es gibt viel Fastfood und „Klassiker“ wie Burger oder Spaghetti Bolognese. Da ich diesmal nur in wenigen Restaurants war, kann ich noch kein abschließendes Urteil fällen. Das kommt beim nächsten Mal.

Es gibt aber auch ein paar Supermärkte, die mit „Festlandpreisen“ werben. Da können sich alle eindecken, die eine Wohnung mit Küche haben. Das ist definitiv die günstigste Variante.

 

Sonnenuntrgang Nordsee Meer Wattenmeer Juist